31.1.12

Schokolade

Die meisten dürften wissen, dass der Kakao nach der Entdeckung Amerikas von den spanischen Konquistadoren nach Europa gebracht wurde; und zwar Anfang des 16. Jahrhunderts. Bei den Azteken wurde Kakao als Kaltgetränk benutzt. Es war bitter und wurde gewürzt, beispielsweise mit Piment oder Pfeffer.
Kakaobohnen waren von großem Wert und wurden im Mexiko Montezumas als Zahlungsmittel benutzt. Kakao galt zudem als berauschendes Lebensmittel und war damit – nach Ansicht der Azteken – für Frau und Kind ungeeignet: Das Getränk war den erwachsenen Männern des Adels vorbehalten.
Schokolade wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts zum Modegetränk am spanischen Hof; richtig populär aber erst, nachdem man auf die Idee gekommen war, es zu süßen. Für das 16. Jahrhundert blieb es auf den spanisch beherrschten Teil Europas beschränkt.
Frankreich machte die Bekanntschaft mit der Schokolade 1615 in Bayonne bei der Hochzeit Königs Ludwigs XIII mit der spanischen Prinzessin Anna von Österreich.
Der Beiname „von Österreich“ bezieht sich auf den Habsburger Ursprung der damals in Spanien herrschenden spanischen Königsfamilie. So heißt auch der Bastard-Sohn König Philipps IV. Don Giovanni (oder Don Juan) d’Austria. Er taucht als neuer spanischer Vizekönig in meinem Roman „Königliche Republik“ auf.
Zur Mode wird Schokolade am Hof von Versailles aber erst in der Zeit Ludwigs XIV. Sie wird heiß getrunken wie Kaffee; nur der Hof hat anfangs Zugang zu dem Getränk.
Wer sich an die „Angélique“-Romane von Anne Golon – oder die Filme – erinnert: Angélique wird reich, nachdem sie vom König das Monopol für Schokolade erhalten hat. (Was natürlich nicht den historischen Tatsachen entspricht; aber ein Roman darf das.) Sie eröffnet ein gut gehendes Kaffeehaus und vergibt Lizenzen für andere Städte – Franchising. („Merveilleuse Angélique“)

Wahrscheinlich Ende des 16. Jahrhunderts gelangte die Schokolade nach Italien: Caterina, eine Tochter Philipps II. von Spanien, heiratete 1585 den Herzog von Savoyen, Carlo Emanuele I. Anfang des 17. Jahrhunderts brachte dann ein Florentiner Händler die Schokolade in die Toskana.
Ab 1606 wurde Schokolade in Florenz, Venedig und Turin hergestellt, gelangte also über den höfischen Rahmen hinaus.

Darum ist es plausibel, dass Mirella Scandore in der „Königlichen Republik“ bei der alten Cristina Schokolade trinkt. Zusammen mit dem Süßen war es auch schon verbreitet, sie mit Milch statt mit Wasser zu kochen.

24.1.12

Masaniello – der Schmuggler als Generalleutnant von Neapel



Der von Masaniello angeführte Aufstand im Juli 1647 war der Auslöser für den Versuch der Neapolitaner, sich von der spanischen Herrschaft zu befreien.
Spanien stand im Begriff, die Vorherrschaft in Europa zu verlieren. Nachdem das Gold aus den amerikanischen Indianerreichen aufgebraucht war, musste anderweitig Geld her, um den Krieg in Flandern zu finanzieren.
Der spanische Vizekönig in Neapel sollte eine Million Dukaten eintreiben.

Nach manchen Berichten war es eigentlich Masaniellos Frau Bernadetta Pisa, die am 7. Juli 1647 während des Fests zu Ehren der Madonna del Carmine den Aufstand auslöste. Bernadetta war acht Tage im Gefängnis gewesen, weil sie einen Strumpf voll Mehl steuerfrei in die Stadt geschmuggelt hatte. Um sie auszulösen, hatte Masaniello 100 Scudi zu zahlen, für die er sich verschulden musste.

Masaniello – richtiger Name Tommaso Aniello d'Amalfi – 1620 in Neapel geboren, war Fischer wie sein Vater. Hauptsächlich aber schmuggelte er für den napoletanischen Landadel und brachte es dabei zu beträchtlichem Ruhm.
Gemeinsam mit seinem Bruder Giovanni und Gruppen von lazzari (damals jugendliche Nichtstuer und Kleinkriminelle aus den armen Schichten) begann Masaniello ab Juni die ersten Scharmützel gegen die gabelle, die während des Marienfestes zum Aufstand wurden.
Der Vizekönig verschanzte sich in einem Kloster und ließ dem Erzbischof der Stadt, Filomarino, ausrichten, er sei bereit, alle Steuern aufzuheben. Und desgleichen die alten Privilegien wieder in Kraft zu setzen, die dem Bürgertum die gleichen Rechte wie den Adligen gaben.
Währenddessen begann Masaniello einen Rachefeldzug gegen die Steuereintreiber, dem bald auch zahllose Adlige und Patrizier zum Opfer fielen. Jeder galt als Verräter, der verhandeln wollte.
Auf diese Weise machte sich Masaniello unter dem Adel Feinde. Ein erstes Attentat auf ihn scheiterte jedoch und der Anführer der Banditen wurde gelyncht.
Am Tag danach wurde Masaniello zum Capitano generale del fedelissimo popolo napoletano ernannt, also zum militärischen Führer von Neapel. Bis dahin hatte er laut einem Brief des Kardinals an den Papst "Vorsicht, Weisheit und Mäßigung“ bewiesen.
Nach seiner Ernennung begann er mit seiner Frau am Hof des Vizekönigs zu verkehren. Und eine Willkürherrschaft über Neapel auszuüben, die an den Terreur der Französischen Revolution erinnert.

Schlimmer aber, er begann Anzeichen von Wahnsinn zu zeigen. Die Legende behauptet, der Auslöser sei ein Halluzinogen gewesen, dass man ihm während eines Banketts beim Vizekönig heimlich verabreicht habe.
Im Verfolgungswahn floh er am 16. Juli in die Basilika der Madonna del Carmine, aber das Volk war nicht mehr bereit, ihm zu gehorchen und ihn zu schützen. Er hielt während der Messe eine Rede und zog sich nackt aus. Filomarino bewog ihn, sich ins angrenzende Kloster zurückzuziehen. Vom Vizekönig gekaufte Soldaten erschossen und köpften ihn dort . Anschließend wurde er in einem Graben verscharrt. 


Am folgenden Tag stellten die Neapolitaner fest, dass sie verloren hatten, was Masaniello ihnen erkämpft hatte. Auf Mehl wurden wieder Steuern erhoben und das Brot wog weniger als am Vortag.
Masaniellos Leiche wurde ausgegraben, der Kopf wieder angenäht und am.18 Juli wurde er nach einer Prozession durch die ganze Stadt in der Basilika begraben.

17.1.12

Tercios - die spanischen Eliteeinheiten der frühen Neuzeit



Die gefürchtetsten Armeeeinheiten des Dreißigjährigen Krieges waren die spanischen Tercios: Bis zur Schlacht von Rocroy (1643) galten sie als unbesiegbar.

Die Tercios waren Infanterieeinheiten und das Besondere an ihnen war ihre ausgeklügelte Formation  aus verschiedenen Waffengattungen: über fünf Meter lange Piken, Schwerter und Schusswaffen (Arkebusen und Musketen). In ihrer endgültigen Struktur bestanden sie aus Einheiten von 3.000 Mann, in der Regel zehn Kompanien.


Ihre Schlachtorganisation war für jene Zeit innovativ; von den antiken römischen Legionen inspiriert. Als kompaktes Karrée, außen die Pikeure, waren sie schwer zu überwinden. Selbst Kavallerieangriffen vermochten sie Stand zu halten. Andererseits waren sie durch ihre unterschiedliche Bewaffnung flexibel. Ein Bild von ihrer Kampfweise bietet der spanisch-französische Spielfilm „Capitain Alatriste“. 


Die ersten drei Tercios waren lange vor dem Dreißigjährigen Krieg gegründet worden, während der Italienischen Kriege zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Sie wurden 1534 und 1536 auf Befehl Königs Karls I. von Spanien geschaffen. Eines davon war (1536) der „Tercio (viejo) de Nápoles“ mit Garnisonen sowohl in Neapel selbst wie in den umliegenden Provinzen. 


Die Armeen jener Zeit formierten sich in der Regel aus Söldnern – Landsknechten –, die sich von Krieg zu Krieg und Land zu Land ihre Arbeit suchten. Die Tercios dagegen bestanden aus professionellen Freiwilligen, die den Einheiten dauerhaft angehörten. Dadurch war der Zusammenhalt in diesen Tercios größer als üblich, wenngleich auch diese Soldaten aus verschiedenen Ländern stammten. 


In Friedenszeiten kostete der Unterhalt der Tercios bis zu einem Drittel des Budgets des Königreichs Kastilien. Der Gewinn bestand in einer erstklassigen Ausbildung für ihre spezielle Kampfweise, die sie den Söldnerarmeen für ein Jahrhundert überlegen machten. 

Erst eine neue Taktik für die Kavallerie und geschickterer Einsatz der Artillerie durch den Duc d’Enghien in der Schlacht von Rocroi setzten ihrem legendären Ruf ein Ende.

10.1.12

Henri de Guise, Herzog von Lothringen




Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war Frankreich noch kein absolutistisch regierter Zentralstaat. Kardinal Richelieu trieb diese Entwicklung maßgeblich voran; natürlich gegen den Widerstand der Fürsten in den Provinzen. So wurde Frankreich mitten im Dreißigjährigen Krieg von Revolten und Schlachten "Franzosen gegen Franzosen" geplagt. 

Einer derer, die gegen den französischen König in den Krieg zogen, war Henri de Guise aus dem Hause Anjou.

„Er war unglaublich jung; Mitte Dreißig vielleicht – wie hatte er in seinem kurzen Leben all die Dinge untergebracht, von denen sie gehört hatte? Erzbischof in Reims, zwei Ehen, eine Verschwörung gegen den König von Frankreich, eine Aussöhnung und eine erneute Verschwörung. Und nun hier für die Interessen Frankreichs. Oder für seine eigenen?“  - aus: Königliche Republik


„Kindheit“ im heutigen Sinn gab es in der Frühen Neuzeit sowieso nicht. Die Söhne der Adligen hatten oft sehr jung schon bedeutende Ämter inne oder waren ranghohe Offiziere.
Henri de Guise (1614-1664) war als eines der jüngeren Kinder von klein auf für die kirchliche Laufbahn bestimmt worden. Obwohl nicht Priester, wurde er schon als Kind Abt mehrerer Klöster. Mit 15 wurde er zum Erzbischof von Reims ernannt. Durch den Tod eines älteren Bruders und dann seines Vaters wurde er der vierte Herzog de Guise. Das gab ihm 1641 den Vorwand, dem ungeliebten Kirchenamt zu entkommen. Auch hatte er Heiratspläne.
Er legte sich mit Richelieu an und musste deshalb aus Frankreich fliehen. Gemeinsam mit anderen französischen Adligen kämpfte er in der Schlacht von La Marfée (1641) gegen Frankreich. Er wurde vom Pariser Parlament daraufhin zum Tode verurteilt. Da man ihn selber nicht in den Fingern hatte, wurde ein Gemälde von ihm „hingerichtet“.
1643, nach dem Tod Richelieus und König Ludwigs XIII wurde er von der Regentin Anna von Österreich begnadigt und konnte nach Paris zurückkehren. Dort beteiligte er sich allerdings fleißig weiter an den Intrigen und musste nach dem Scheitern der „Conjuration des Importants“ erneut Frankreich verlassen.
Inzwischen hatte er geheiratet, mochte aber seine Frau nicht mehr und hatte sich in eine andere verliebt. In Rom versuchte er daher 1647, die Annullierung seiner ersten Ehe zu erreichen.

Die aufständischen Neapolitaner wandten sich Hilfe suchend an Henri de Guise. Daraus, dass seine Vorfahrin Isabelle de Lorraine 1420 den König von Neapel, René d’Anjou, geheiratet hatte, konnte das Anrecht auf den Thron Neapels abgeleitet werden.
Frankreich hieß es natürlich gut, dass Spanien geschwächt wurde; Mazarin und der König sagten ihre Unterstützung des Aufstands zu.

Im November 1647 wurde Henri de Guise zum Dogen von Neapel gekrönt. Die materielle Hilfe Frankreichs blieb aber spärlich. So wurde es nach anfänglichen militärischen Erfolgen immer schwieriger, sich gegen die Spanier zu behaupten. Zudem kam es zum Machtkampf mit Gennaro Annese, dem Generalleutnant Neapels. Schließlich warf de Guise auch noch seinen eigenen Heermeister, den Comte de Modène, wegen angeblichen Verrats ins Gefängnis.
Verraten wurde er aber von Neapolitanern, die im Geheimen mit Spanien paktierten. Er wurde aus der Stadt gelockt und am 6.April 1648 gefangen genommen.

Das war das Ende der Königlichen Republik Neapel.

Henri de Guise blieb bis 1652 in spanischer Gefangenschaft.







3.1.12

Billard ... ging früher ganz anders


Gravur aus einer Spielanleitung von 1674
 "(...) „Erzähl mir von dem jungen Offizier. Hast du ihm schöne Augen gemacht?
Mirella stieg die Hitze ins Gesicht. „Ich kenne ihn schon eine Weile. Meine Freundin Stefania und ich – wir haben oft mit den Männern de Guises Billard gespielt.“
„Billard – was ist das?“
„Man spielt mit kleinen Bällen auf einem Tisch.“
„Mit kleinen Bällen – erwachsene Männer?“
Mirella lachte lauthals; so hatte sie es noch nie betrachtet. „Man braucht eine ruhige Hand, Augenmaß und muss Geometrie beherrschen.“ (...) 
aus "Königliche Republik"

Der französische König Ludwig XI (1461–1483) soll als erster einen Billard-Tisch benutzt haben. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts wurde an vielen europäischen Höfen Billard gespielt. Es hatte sich aus Ballspielen im Freien entwickelt, bei denen der Ball mit einem Stock geschlagen wurde.
Als es - möglicherweise des Wetters wegen - nach innen verlegt wurde, landete es auf dem Tisch. Der wurde mit Leisten versehen, um die Bälle im Zaum zu halten.
Davon abgesehen hatte das damalige Spiel mehr Ähnlichkeit mit Cricket als mit den uns vertrauten Varianten des Billards.
Man benutzte keine Queue, sondern ein Spielgerät, das entfernt an einen  Hockey-Schläger erinnert. Damit mussten die Bälle durch Tore, Bögen und über Hindernisse  befördert werden.
Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts begann die Entwicklung des Spielstocks zur Queue, als die Bälle mehr und mehr mit dem dünnen Ende des Stocks bewegt und mehr gestoßen als geschlagen wurden.
Nach der Französischen Revolution ging die Weiterentwicklung des Spiels einerseits in Richtung Karambolage, andererseits zum Pool-Billard.